Katrin Steinhülb-Joos: “Minister Lucha hat keine Antwort auf den Handlungsbedarf - die Hilfe in der Kinder- und Jugendpsychotherapie setzt viel zu spät ein”
Mit Enttäuschung nimmt die SPD-Abgeordnete die Antworten des Gesundheitsministeriums auf ihre Kleine Anfrage zur aktuellen Versorgungssituation von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen zur Kenntnis. „Mit Ansage steuern wir auf eine weitere drastische Verschärfung der ohnehin schon schlechten Versorgungslage in der Kinder- und Jugendpsychotherapie zu“, ist sich die Abgeordnete sicher. „Minister Lucha aber verschließt die Augen, kann keine Angaben zu durchschnittlichen Wartezeiten der Betroffenen machen und hat auch kein Bild darüber, ob die Jahrgangszahlen ausreichen, um den zukünftigen Bedarf zu decken.“
Die Praxen in der Kinder- und Jugendpsychotherapie sind seit langem überlaufen. Fachleute warnen davor, dass sich die Lage durch die Coronapandemie noch weiter zuspitzen wird. Steinhülb-Joos hat vor diesem Hintergrund kein Verständnis dafür, dass der Planungsbereich Stuttgart für Psychotherapeutinnen und -therapeuten laut Antwort auf die Anfrage mit einem Versorgungsgrad in Höhe von 129,9 Prozent ausgewiesen wird und damit rechnerisch überversorgt sei: „Diese Rechnung bildet in keiner Weise die Realität ab. Herr Lucha hat nicht mehr dazu zu sagen, als dass die Wahrnehmung in der Bevölkerung wohl nicht mit der rechnerischen Überversorgung übereinstimme.“ Es sei mehr als wichtig, dass die Ampel in Berlin so schnell wie möglich ihre Zusage umsetzt, die psychotherapeutische Bedarfsplanung insbesondere für Kinder- und Jugendliche, zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz deutlich zu reduzieren.
Studien belegen: Je länger auf eine Abklärung und Behandlung gewartet wird, umso mehr verfestigen sich die Probleme. Bleiben psychische Erkrankungen zu lange unbehandelt, gefährdet dies auch die Schulfähigkeit. Das treibt die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion um und bestätigt ihren Eindruck zu den unterbesetzten schulpsychologischen Beratungsstellen im Land. Aus der Kleinen Anfrage geht hervor, dass die Beratungsstelle in Stuttgart aktuell mit 8,57 von 12 zu besetzenden Stellenanteilen (mit 13 Personen) besetzt sei. „Das ist über dem Landesdurchschnitt von weniger als 50 Prozent besetzter Stellen, aber immer noch viel zu wenig und wir drehen uns im Kreis: Die Probleme in den Familien landen an den Schulen, die Probleme an den Schulen landen in den Familien und niemand ist da, um sie zu beheben. Deshalb haben wir in den Haushaltsberatungen die Schaffung von 20 zusätzlichen Stellen an den schulpsychologischen Beratungsstellen gefordert, was leider von der Landesregierung abgelehnt wurde.“
Bedarf gebe es mehr als genug, wie die Abgeordnete in einem Gespräch mit einer Traumapädagogin auf einer Fachkonferenz zum Thema Einsamkeit erfahren hat. Kinder und Jugendliche zeigten demnach immer mehr Auffälligkeiten in ihrem Medienkonsum. Vor allem sei eine zunehmende Problematik im Zusammenhang mit Videospielen erkennbar, für die die Landesregierung keine adäquate Lösung parat habe.
Steinhülb-Joos fordert deshalb eine schnelle Reaktion: „Kinder und Jugendliche sind im Schulalltag fest verankert und können bei psychischen Problemen nicht einfach ihr Umfeld wechseln. Sie können sich nicht selbst helfen. Wir müssen ihnen direkte Unterstützung zukommen lassen, um schwere Langzeitfolgen zu vermeiden. Dieser Verantwortung muss sich die Landesregierung stellen!“
Katrin Steinhülb-Joos, SPD-Landtagsabgeordnete für Stuttgart