Katrin Steinhülb-Joos: "Der Schutzraum Schule ist mit Pilotprojekten und ohne die Einrichtung einer Ombudsstelle nur ein leeres Versprechen der Landesregierung”

Wie aus einem Antrag der schulpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, Katrin Steinhülb-Joos, hervorgeht, plant die Landesregierung das weiterentwickelte Konzept ‚Schutz Macht Schule‘ in Kooperation mit spezialisierten Fachberatungsstellen als ein auf die Dauer von zwei Schuljahren angelegtes Pilotprojekt an Schulen aller Schularten in 2023 fortzusetzen.

Hintergrund ist die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ aus dem Jahr 2018, die gemeinsam mit den Kultusbehörden der Länder entwickelt wurde, um die mehr als 30 000 allgemeinbildenden Schulen in Deutschland zur Entwicklung von Konzepten zum Schutz vor sexueller Gewalt zu motivieren.

Der ehemaligen Rektorin der Altenburg-Gemeinschaftsschule ist dieses Vorgehen zu langsam: „Die Landesregierung macht aus dem Landesprogramm ‚Schutz Macht Schule‘ aus der vorvorletzten Legislaturperiode ein erneuertes Pilotprojekt. Damals haben sieben Schulen teilgenommen, wie viele Schulen werden jetzt einbezogen? Ich bezweifle, dass die Aneinanderreihung von Pilotprojekten mit minimalem Umfang zum selben Thema, auf deren Ergebnisse man warten muss, die Umsetzung eines Schutzkonzeptes an den Schulen im Land voranbringt.“

Nachdenklich stimmt die Parlamentarierin auch, dass die Landesregierung überhaupt keinen Überblick über den Stand der Umsetzung von Schutzkonzepten an Schulen habe. So gehe aus dem Antrag hervor, dass Kennziffern zu den Schulen mit Schutzkonzepten oder zur Zahl der Lehrer*innen, welche die digitalen Fortbildungsangebote genutzt haben, nicht erhoben werden.

Fehlanzeige ist auch nach wie vor bei einer institutionalisierten Ombudsstelle des Landes für betroffene Kinder und Jugendliche sexualisierter Gewalt an Schulen sowie Erwachsenen, die in der Vergangenheit Opfer solcher Gewalt geworden sind, wie Steinhülb-Joos ausführt: „Vorschläge liegen auf dem Tisch, nicht nur aus der Opposition, sondern als konkrete Empfehlung im Abschlussbericht der Kommission Kinderschutz zur Einrichtung einer Ombudsstelle. Auch hier vermisse ich ein klares Bekenntnis und einen konkreten Fahrplan der Landesregierung.“

Auch stehe laut Steinhülb-Joos die Definition des Auftrags der Ombudstelle aus. Neben der Funktion als Vermittlungs- und Anlaufstelle müsse nach Auffassung von Fachleuten auch geprüft werden, ob eine solche Stelle auch eine Aufsichtsfunktion ausfüllen könne. Generell stelle sich die Frage, wer wo eine (Fach-)Aufsicht übernehmen könne. Ziel müsse sein, Kindswohlgefährdungen so ernst zu nehmen, dass trotz behördlicher Begleitung keine Kinder mehr aufgrund unterschiedlicher Bewertung der Situation zu Schaden kommen. Hier brauche es unabhängige Anlaufstellen, falls Bedenken gegenüber der behördlichen Einschätzung bestehen.

Die Einrichtung einer unabhängigen Anlaufstelle sei laut Steinhülb-Joos auch wichtig, weil viele Schulen ein Vertrauensverhältnis zwischen Schülerinnen und Schülern, Schulsozialarbeit, Lehrkräften und Schulleitung leben und Betroffene gerade deshalb neutrale Ansprechstationen ohne emotionale Bindungen außerhalb der Schule benötigten. Eine Anlaufstelle auch für zurückliegende Fälle, für Personen, die längst nicht mehr in der Schule sind, könne der Landesregierung aus den Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt im kirchlichen Bereich gut zu Gesichte stehen.

Tatsächlich liegen die Empfehlungen der Kinderschutzkommission zur Einrichtung einer Ombudsstelle bereits seit 2019 vor. Für das Bummeln und Zögern hat Steinhülb-Joos kein Verständnis: „Wie lange will die interministerielle Arbeitsgruppe unter der Verantwortung des Sozialministers Manfred Lucha hierzu noch tagen?“

Die Abgeordnete der SPD sieht auch einfach umzusetzende Maßnahmen, die das Schutznetz an Schulen ohne großen Aufwand verstärken könnten: „Ich schlage vor, auf jeder Schultoilette in Stuttgart oder auch in Baden-Württemberg Listen auszuhängen mit Notrufnummern und QR-Codes zum Abscannen, an die man sich bei sexuellen Übergriffen, familiären Problemen und psychischen Problemen wenden kann“.

Wie wichtig funktionierende Schutzkonzepte mittlerweile sind, erfährt Steinhülb-Joos auch immer wieder im Austausch mit Sportvereinen. Dort sei das Vorliegen solcher Konzepte für viele Eltern entscheidend, ob sie ihre Kinder in dem Verein anmeldeten.

Katrin Steinhülb-Joos, SPD-Landtagsabgeordnete für Stuttgart

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