Eklatanter Lehrkräftemangel an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren - ausgetragen auf dem Rücken der Schwächsten
Rund 720 Stellen an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren waren im Schuljahr 2020/2021 baden-württembergweit nicht besetzt. Das geht aus der Beantwortung eines Antrags der schulpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Katrin Steinhülb-Joos, hervor. „Dies ist eine Bankrotterklärung des Kultusministeriums aus der letzten Legislatur. Gerade an den SBBZ´s ist kontinuierliche, ausreichende Versorgung mit qualifizierten Fachkräften von elementarer Bedeutung“, sagt die Landtagsabgeordnete für Stuttgart, denn auch die Regelschulen müssen in der Inklusion mit genügend Sonderpädagog*innen versorgt sein. Ansonsten wird Inklusion, die erfahrungsgemäß mit entsprechender Ressource ein Erfolgsmodell ist, ad absurdum geführt, wenn den Kindern das Recht auf Teilhabe durch zu wenig Unterstützung abgesprochen wird. Wenn diesem Mangel so begegnet wird, dass Anträge zur Überprüfung des sonderpädagogischen Anspruchs abgelehnt werden, obwohl die Lehrkräfte an den Schulen den Bedarf klar identifizieren, ist das unverantwortlich den betroffenen Kindern gegenüber und die Verletzung ihres Rechtes auf Teilhabe. Das Kultusministerium konnte hierzu keine Daten liefern.
Zum Teil behebt das Kultusministerium den Mangel durch die befristete Einstellung von Personen ohne grundständige Lehramtsausbildung, zum Teil führt er jedoch dazu, dass Schulen ihr Angebot drastisch reduzieren müssen und zum Beispiel ihre Öffnungszeiten nicht im vollen Umfang wie gewohnt anbieten können. Ein großes Problem für viele Eltern und Kinder.
Auch für das neue Schuljahr sieht es nicht besser aus. Kurzfristig sollen die befristeten Stellen der nicht grundständig ausgebildeten Personen, die schon mehrere Jahre an Schulen tätig sind, entfristet und weitere Anreize geschaffen werden. Auch sollen die Weiterbildungen für Lehrkräfte aus anderen Bereichen, wie Hauptschule oder auch Gymnasium, ausgebaut werden. Doch sind diese Laufbahnlehrgänge nicht attraktiv, die Anrechnungen an die parallel zu unterrichtenden Stunden viel zu gering, um wirklich ein weiteres, zwar abgekürztes Studium neben der Lehrkrafttätigkeit zu ermöglichen. „Außerdem betrifft der Mangel nicht nur die SBBZ`s direkt. Auch die Regelschulen mit Inklusionsangebot sind eklatant betroffen“, weiß Katrin Steinhülb-Joos aus ihrer langjährigen Erfahrung als Schulleiterin. „Krankheits- oder Schwangerschaftsvertretungen für sonderpädagogische Fachkräfte existieren faktisch nicht. Fallen diese aus, steht die Regellehrkraft alleine da, die betroffenen Schüler*innen ohne Unterstützung. Dies ist seit Jahren bekannt. Wir brauchen dringend qualifizierte Fachkräfte. Die bisher getroffenen Maßnahmen sind viel zu wenig, ernsthafte Veränderungen wurde bisher nicht angegangen.“ In ihren Augen muss das Lehramt attraktiver werden, die Bedingungen an den Schulen und vor allem im Bereich Inklusion müssen sich dringend verbessern. Für die Abgeordnete stellt dafür auch eine Zusammenlegung von kleineren Schulen eine Möglichkeit dar, kurzfristig mehr Lehrkräfte an einer Schule zu bündeln und so die Unterrichtsversorgung zu sichern. Bei nicht umsetzbarerer Wohnortnähe, müssen Fahrdienste garantiert sein. Alle Kinder mit sonderpädagogischem Anspruch haben das gleiche Recht auf eine qualifizierte Unterstützung egal ob im sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum oder in der Regelschule.
Im Zuge dieser Situation sieht sie auch das Beheben der Folgen von Corona an den SBBZ`s in Gefahr. „Wenn bereits jetzt eklatant Fachkräfte fehlen, wie sollen dann zusätzliche, qualifizierte Personen für „Lernen mit Rückenwind“ aufgetan werden?“, fragt sich Katrin Steinhülb-Joos. „Außerdem geht aus der Antwort hervor, dass sich jetzt erst die Durchführung in der Ausarbeitung befindet. Schulen, und gerade die SBBZ`S brauchen aber Zeit zur Umsetzung und müssen möglichst früh informiert werden. Man hat den Eindruck, Kinder die nachgewiesenermaßen Unterstützung benötigen, laufen noch stärker unter dem Radar, werden noch weniger gesehen, als die anderen Schüler*innen.“
Katrin Steinhülb-Joos, SPD-Landtagsabgeordnete für Stuttgart